PlatonAristotelesEpikurSpinozaLockeKantHegelMarxAdornoMarcuseBloch

Archiv Logo    Titel Logo

Erinnyen Aktuell ButtonPhilosophieseite ButtonSchuledialektik ButtonVereindialektik ButtonBuchladen ButtonWeblog ButtonRedakteur Button


startseite button
buton 2004
2005 Button
2006 button
2007 button
Impressum Button

Newsletter Button

Feed Button

 

2005 Titel

Der Erste Mai                           

und die faschistische Kontinuität

 1.5.2005

Die politische Klasse in Deutschland zelebriert geradezu die Abscheu vor dem Faschismus, Filme über das Thema haben Hochkonjunktur und J. Fischer benutzte Auschwitz sogar zu Rechtfertigung eines Angriffskrieges gegen Jugoslawien. Die Kontinuität faschistischer Elemente in der heutigen Demokratie wird aber systematisch in der bürgerlichen Propagandamaschinerie verdrängt. So auch mit dem Erste Mai.

 In neuen Spielfilmen wie den über den Nürnberger Prozess kommen selbstverständlich eine Liebesbeziehung und das faschistische Grauen wie die moralische Empörung dagegen vor, aber nicht der Zusammenhang zwischen Faschismus und Kapitalismus – es sei denn als persönliches Versagen von Wirtschaftsführern. Ähnlich wie auch mit dem Erste Mai wird die faschistische Kontinuität in der bundesdeutschen Demokratie ausgeblendet.

 Es wurde 1889 auf dem ersten Kongress der Zweiten Internationale beschlossen, den Erste Mai zu einem allgemeinen Kampftag der Arbeiterklasse zu erklären und an diesem Tag zu streiken und mit Massendemonstrationen für die Ziele der Arbeiterbewegung einzutreten. 1890 kam es vor allem in Frankreich zu Streiks und großen Demonstrationen, während sich die deutsche Sozialdemokratie aus Angst vor einem neuen Sozialistengesetz zurückhielt und am 4. Mai, einem Wochenende, demonstrierte. Erst in der Weimarer Republik kam es zu größeren Streiks an diesem Tage ("Berliner Blutmai" 1929), was dann die Nazis veranlasste den Kampftag der Arbeiter zu einem regulären Feiertag zu machen, indem sie ihn zugleich umfunktionierten. Aus einem Kampftag der Werktätigen wurde der „Tag der Arbeit“. In schöner faschistischer Kontinuität heißt er offiziell noch heute so.

 Was dies bedeutet, wird erst klar, wenn man versteht, was heute Arbeit, d.h. Lohnarbeit, ist. Die faschistische Losung, die viele KZ-Tore schmückte: „Arbeit macht frei“, stimmt insofern, als die in der Arbeit materialisierte Freiheit den deutschen Herrenmenschen zu Gute kam, während andererseits die Arbeitenden in den KZ’ durch ihre Tätigkeit vernichtet wurden. Jeder Arbeiter in kapitalistischem Normalfall wird entlohnt nach den notwendigen Lebensmitteln, die er benötigt – mal etwas mehr, mal weniger. In der Arbeit aber erzeugt er einen Wert, der diesen Lebensmitteln weit übersteigt, d. h. er wird ausgebeutet. Der Grad der Ausbeutung besteht in dem Verhältnis vom Wert der Lebensmittel zum Wert der während der Arbeit erzeugten Werte, die über diesen Wert der Lebensmittel hinausgehen. So kann ein hungernder KZ-Arbeiter durchaus einer niedere Ausbeutungsrate unterliegen als sein nicht inhaftierter Kollege, der das notwendig Quantum an Lebgenmitteln erhält, z.B. wenn seine Arbeit für das Kapital produktiver ist.

 Die Verwirrung um den Begriff der Ausbeutung im allgemeinen Mediengeraune ist groß. Man stellt sich „Ausbeutung“ nur vor als die Knechtung eines Menschen mit der Peitsche. Also im KZ gab es Ausbeutung, in den heutigen Betrieben gäbe es so etwas nicht mehr. Tatsache ist, dass die Ausbeutung nicht direkt wahrnehmbar ist. Ein mittelalterlicher Bauer, der drei Tage auf den Feldern des Grundherrn arbeitete und drei Tage auf seinen eigenen, wusste genau, wie groß seine Ausbeutung war, auch wenn er nicht diese Ausbeutungsrate von 100 Prozent begrifflich derart bestimmte. Der Mehrwert, der im Kapitalismus den Arbeitenden abgepresst wird, ist nicht offensichtlich, weil er an der Oberfläche der Wirtschaft als Profit erscheint, der nicht allein von dem einzelnen Betrieb abhängt. Erst die Menge des Profits, den die Gesamtgesellschaft erzeugt, entspricht der Menge des gesamtgesellschaftlichen Mehrwerts, während die einzelnen Betriebe nach dem Wertgesetz unterschiedliche Teile entsprechend ihrer Produktivität und der Menge ihrer Produkte davon abbekommen. Und auch dass gilt nur als durchschnittliche Tendenz.

 Wenn die Nazis also den Ersten Mai zum Feiertag erhoben und zum „Tag der Arbeit“ erklärten, dann machten sie aus einem antikapitalistischen Protesttag gegen die Lohnarbeit einen prokapitalistischen Tag zur Verherrlichung der Lohnarbeit (eine andere Arbeit ist in der kapitalistische Ökonomie bedeutungslos). Sie machten aus einem Streiktag gegen die Ausbeutung einen Gedenktag zur Verherrlichung der Ausbeutung. Sie machten aus klassenbewussten Arbeitern faschistische Idioten, wenn diese das Ideologische dieses Tages in ihr Bewusstsein übernahmen. (Götz Aly hat dazu jüngst ein Buch über „Hitlers Volksstaat“ geschrieben.) Heute ist diese Ideologie herrschendes Bewusstsein, man schaue nur in einen beliebigen Kalender: Überall blickt uns der „Tag der Arbeit“ entgegen. Das ist Kontinuität des (kapitalistischen) Faschismus in der kapitalistischen Demokratie. Wollen wir für immer Idioten bleiben?  

Zurück zum Anfang

Divider

Zum Tod des Papstes            

Karol Wojtyla alias Johannes Paul II.

(3.4.05)

Unsere Internet-Zeitung „Erinnyen Aktuell“ und unsere Zeitschrift für materialistische Ethik „Erinnyen“ sind schon per definitionem Gegner der katholischen Kirche wie jeder Religion, also auch Gegner dieses Papstes wie des kommenden. Diese Kirche ist aber eine reale Macht und wir müssen deshalb deren Wirkung einschätzen.

 Zu erinnern sei nur an die propagandistische Wirkung dieses Papstes. Der „Spiegel“ (13/05) meint sogar, er sei ein „religiöser Popstar“. Selbst seinen Tod benutzt er oder seine Umgebung zur Werbung für diese Religion. Er hat fast in jeder Rede vor dem „Materialismus“ gewarnt, wobei er bewusst diese philosophische Position mit dem Fressen, Saufen, Huren gleichgesetzt hat, das der ungebildete Zeitgenosse darunter versteht. Das ist selbst für die Kirche eine voraufklärerische Position – bis ins frühe 18. Jahrhundert diskutierte man darüber, ob eine Gesellschaft von Atheisten moralisch sein kann. Heute muss sich die Kirche rechtfertigen, ob sie jemals moralisch war, wenn man die „Kriminalgeschichte des Christentums“ denkt, die Karlheinz Deschner akribisch aufschreibt. Offensichtlich ist dies heute jedem, wenn die Kirche mittels Zölibats sexuelle Zombies (Pädophile usw.) heranzüchtet, weltweit Kondome und andere Empfängnisverhütungsmittel (außer Enthaltsamkeit) verbietet und so sich mitschuldig macht an Millionen Aids-Toter.  

Dieser Papst wird als widersprüchlicher Mann in die Geschichte eingehen. Seine abwertende Diskriminierung von Befreiungstheologen, Homosexuellen und Frauen zeigt ihn auch innerkirchlich als Reaktionär, seine Ablehnung der imperialistischen Kriege, wie z.B. den Irakkrieg, lässt ihn als moralische Autorität erscheinen.

 Ein Standardklischee seiner Propaganda war seine Kapitalismuskritik, die uns nicht schon deshalb sympathisch ist, weil wir ebenfalls den Kapitalismus kritisieren. Wer z.B. nur die Oberfläche wie das „Konsumdenken“ kritisiert, der will kein anderes Wirtschaftssystem, sondern wie bei diesem Schlagwort: mehr investieren als konsumieren. Das ist eine Ideologie, die Max Weber als „Geist des Kapitalismus“ beschrieben hat. Wenn Wojtyla wirklich gegen den Kapitalismus wäre, dann hätte er für die Reform des Kommunismus eintreten müssen, stattdessen wird er gerühmt, zum Untergang der kommunistischen Staaten Wesentliches beigetragen zu haben (was auch nicht stimmt, die sind an ihren eigenen Widersprüchen zu Grunde gegangen). Der Antikommunismus ist ein Grundzug der Politik des Vatikans, seit diese Idee in der Moderne populär wurde. Die christliche Religion ist seit Konstantin, den man passend den Großen nennt, herrschaftsunmittelbar, seine Theologie immer auf Herrschaftssicherung bedacht, was moralische Kritik an Auswüchsen durchaus einschließt. 

 Trotz der Popularität dieses Papstes auch bei Jugendlichen sind immer mehr Menschen aus der Kirche ausgetreten. Das asketische Ideal alter Männer schreckt vor allem Jugendliche in einer hedonistisch eingestellten Zeit mit riesigem Reichtum an Waren ab. Selbst wenn sie religiös verblendet ihm zujubeln, machen sie doch, was sie wollen. Der propagandistische Effekt bei solcher Massenheuchelei liegt jedoch in der Beherrschung der Seelen auf anderen Gebieten. Jede Religion muss moralische Sexualtabus aufstellen, obwohl Sexualität mit Moral meist nichts zu tun hat, um Einfluss auf die intimsten Triebe und Gedanken zu nehmen, so dass man die Menschen manipulieren, im Idealfall sie ein Leben lang an sich binden und sie beherrschen kann.

 Am nächsten kommt unsere Position noch der Verteidigung menschlichen Lebens durch diesen Papst. Wie die katholische Kirche aus theologischen lehnen wir aus moralischen Gründen die Stammzellenforschung an Embryonen, Euthanasie als aktive Sterbehilfe und Abtreibung ab. Wir gehen von einer Vernunftmoral aus, deren prekäre, wenn nicht gar unmögliche Durchsetzung in einer antagonistischen Gesellschaft wir durchaus kennen. Die katholische Kirche kann sich nur auf ein Dogma, also eine unbegründete Meinung, oder die Offenbarung Gottes, also einen Irrationalismus berufen, während sie in ihrer Geschichte oft genug auch vor Massenmord bzw. dessen Legitimation nicht zurückgeschreckt hat.

 Ein zweifelhaftes Lob von uns gebührt der Dogmatik und der absoluten Monarchie dieses Papstes – je starrer sie wird, um so eher zerstört sie sich selbst. Spätestens nach der Widerlegung aller prinzipiellen Gottesbeweise im 14. und 15. Jahrhundert ist das Christentum theoretisch tot, der ordo rerum ist zusammengebrochen, es gilt: credo quia absurdum. Vernunft wandert aus ihm aus in die weltlichen Wissenschaften und die Philosophie. Soll nicht jeder seine eigene Sekte gründen mit eigener irrationaler Theologie, dann muss einer bestimmen, was Gottes ewiger Ratschluss für diese konkrete Situation ist. Das kann am besten das Papsttum, weil dieses die besten Theologen um sich schart (in der Theorie, in der Praxis kommen natürlich z.T. höchst weltliche Interessen des „Vatikanstaates“ hinzu). Entsprechend wurde der Papst als unfehlbar angesehen und diese Ideologie im 19. Jahrhundert sogar als Dogma festgeschrieben (die Partei, die Partei, die hat immer Recht).

 Wojtyla hat dieses Dogma konsequent durchgesetzt, so dass man in der katholischen Kirche wirklich einen einheitlichen Gegner vor sich hat, an dem man sich abarbeiten kann. (Bei den protestantischen Kirchen ist dies kaum möglich, sie ist ein pluralistischer Haufen von sich z.T. widersprechenden Theologien.) Wenn solche Abweichler wie Hans Küng den Papst wegen dessen Dogmatik kritisieren, dann mag das vom Standpunkt eines geschmeidigeren Christentums richtig sein, wir verlören aber einen Gegner, der definierbar ist.

 Ein weiterer Vorteil des päpstlichen Dogmatismus und Machtwillen ist es, dass der Papst sogar die Philosophie und das rationale Denken hofieren und seinen unteren Chargen aufzwingen kann, so dass die katholische Kirche unter den Religionen die rationalste zu sein scheint. Jedenfalls mehr Rationalität enthält als der Islam, der im feudalen Denken des 12. Jahrhunderts stehen geblieben ist.

 Dennoch ist das Lob der Dogmatik zweifelhaft, denn im obersten Punkt ist die katholische Theologie heute so irrational wie große Teile der bürgerlichen Philosophie, selbst wenn diese sich dem religiösen Denken gegenüber erhaben dünkt. Ein theoretisch widerlegtes Gedankengebäude wird durch dogmatische Absicherung nur noch mehr zerstört, weil man das Falsche schnell erkennt und es dadurch erst recht der Kritik verfällt. Ein stinkender Misthaufen mit Parfum übergossen, stinkt nur um so intensiver. Das ist die Dialektik jeder Art von Apologie des Falschen. Da können sie noch so viele Bibliotheken voll schreiben, auch der philosophisch und theologisch wenig Gebildete spürt, dass Gott kein Begriff der Naturwissenschaften mehr ist, dass moralisches Verhalten nichts damit zu tun hat, ob einer sich Christ oder Atheist nennt, dass der Tod jeden ereilt, ob Papst oder Unschuldslamm. Und danach kommt nichts mehr. An etwas anderes glauben kann man nur um den Preis der Schizophrenie des Bewusstseins. Diese religiöse Schizophrenie des Denkens zerstört das heute mögliche Glück, um eines illusionären Glückes im Jenseits willen, das auf dümmlichen Glauben beruht.

Zurück zum Angang

Zurück zum Anfang der Seite

Divider

Sterbehilfe und Propagandaklamauk    

Zum Tod vom Terri Schiavo

 Eigentlich wollten wir uns nicht über diesen Fall äußern. Er wird instrumentalisiert durch religiöse Fanatiker und ist aufgepuscht durch einen Journalismus, der von Sensationen lebt, damit er seine Ware „Neuigkeit“ verkaufen kann. Das Prinzipielle zur Euthanasie haben wir schon vor einem halben Jahr dargestellt. (Siehe: Essay)  Wenn wir es doch tun, dann deshalb, weil der Fall inzwischen allgemeines Interesse auch unter den Linken erzeugt hat und die Nebenumstände einige Erkenntnisse verdeutlichen.

 Zunächst einmal zu den Fakten: Terri Schiavo litt an Bulimie, in Folge dieser Krankheit bekam sie einen Herzinfarkt, der ihre Großhirnrinde auf Dauer außer Funktion setzte. Seitdem lag sie 15 Jahre im Wachkoma. Seit sieben Jahren bemüht sich ihr Ehemann, die künstliche Ernährung abzustellen, damit sie sterben kann. In 18 Prozessen hat er gegen die Auffassung der Eltern und der Geschwister von Terri Schiavo nun diese passive Sterbehilfe durchgesetzt und alle Prozesse gewonnen, zumal er die Absicht seiner Frau für solch einen Fall, nämlich sterben zu dürfen, vor Gericht glaubhaft machen konnte. Nach 13 Tagen ohne künstliche Ernährung ist die Patientin am 31.3.05 gestorben.

 Wir haben uns vehement gegen jede Art der aktiven Sterbehilfe gewandt, die passive Sterbehilfe, wenn sie mit dem Einverständnis des Patienten erfolgt, aber unter Umständen moralisch nicht verurteilt. Kein Mensch sollte ohne Bewusstsein, ohne Empfinden, also auch ohne Schmerzempfinden, 15 Jahre dahinvegetieren. Zwar gibt es Grenzfälle, das Individuum ist nicht völlig durch andere bestimmbar, Interessen von anderen könnten eine Rolle spielen, die nichts mit den Interessen der Kranken zu tun haben. Aber in diesem Fall scheint die medizinische Seite klar auf der Hand zu liegen, wenn die Meldungen der Presse wie des „World Socialist Web Site“ und der „Hannoverschen Allgemeinen“ stimmen. Allerdings sollte man es sich nicht so leicht machen wie Patrick Martin, wenn er schreibt: „Die Frage lautet, wo irgendetwas von der menschlichen Persönlichkeit erhalten bleibt, wenn keinerlei Hirnfunktionen mehr festzustellen sind“. Dies ist zunächst einmal medizinisch falsch, wenn keinerlei Hirnfunktionen mehr feststellbar sind, dann ist der Mensch klinisch tot. Schiavo lebte aber 15 Jahre lang im Wachkoma, d.h. bei ihr war lediglich die Großhirnrinde abgestorben, das ist der Bereich, der menschliches Denken und Fühlen, also Bewusstsein ermöglicht. Inwiefern dies irreversibel ist, ließe sich erst mit 100-prozentiger Sicherheit sagen, wenn man das Gehirn obduzierte, was bekanntlich bei einem noch lebenden Menschen nicht geht. Nach 15 Jahren Wachkoma kann man allerdings von der Irreduzibilität der Schädigung ausgehen. Insoweit gibt es keine ethischen Bedenken, sie sterben zu lassen. Ethisch nicht akzeptabel aber an dem Satz ist das Kriterium der „menschlichen Persönlichkeit“ zur Beurteilung für die Sterbehilfe welcher Art auch immer. Denn danach würde man die Sterbehilfe von unheilbaren Geisteskranken, demenzkranken Alten usw. rechtfertigen können. Hier macht sich bei dem Autor Patrick Martin das utilitaristische Denken bemerkbar, das in den USA weit verbreitet ist, in Holland zur Begründung der aktiven Sterbehilfe dient und historisch eine problematische Rolle nicht nur in der Nazizeit, sondern auch in der Russischen Revolution gespielt hat. Die prinzipielle Kritik dieser bürgerlichen Ideologie kann man in unserem Artikel ( Wie viel Wert ist der Mensch?) nachlesen.

 Ansonsten zeigt der Artikel von Martin aber gut die geistige Verfassung der USA und großer Teile ihrer Bevölkerung im Guten wie im Schlechten. Hier einige Auszüge:

 „Meinungsumfragen zeigen eine breite Unterstützung für die Haltung von Michael Schiavo (Ehemann, Erinnyen), trotz der bösartigen Verleumdungskampagne, die christlich-fundamentalistische Gruppen und Teile der Medien gegen ihn führen. Eine Umfrage von ABC News kam zu dem Schluss: ‚Die Amerikaner missbilligen größtenteils stark das Eingreifen der Regierung im Fall Terri Schiavo, wobei eine beträchtliche Mehrheit sagt, der Kongress überschreite seinen Zuständigkeitsbereich, um politische Vorteile zu erlangen.’

 Die von ABC News Befragten unterstützen das Entfernen der Magensonde mit 63 zu 28 Prozent. 70 Prozent erklärten das Eingreifen des Kongresses für falsch und 67 Prozent sagten, dass der Kongress aus politischen Gründen aktiv wurde (d.h. um die fundamentalistische Rechte zu bedienen).“

 Gegen Sondergesetze des Kongresses in Bezug auf diesen Fall schreibt P. Martin: „Eines der grundlegendsten Prinzipien angloamerikanischer Verfassungstraditionen ist in dem Satz ‚Herrschaft des Rechts, nicht der Menschen zusammengefasst. Das bedeutet, dass die Regierungspolitik auf Regeln beruhen muss, die auf alle weitgehend anwendbar und nicht auf bestimmte Umstände oder Individuen zurechtgeschnitten sind. Doch das Gesetz, das am Montag den Kongress passierte, ist genau dieses: Ein Gesetz, um den zwei Elternteilen von Terri Schiavo ein Rechtsprivileg zu erteilen, das anderen amerikanischen Bürgern nicht zusteht.“

 Was muss das für eine Regierung und was für ein Parlament sein, die um eines billigen Propagandaeffektes willen, Verfassungsbruch begehen? Welche Heuchelei hinter solchem Opportunismus steht, zeigt die einfache Tatsache, dass im Irak und anderen US-Kriegsschauplätzen skrupellos Menschen getötet werden, während hier wegen einer Sterbenden eine irrationale Kampagne zur Lebensrettung in Gang gesetzt wird. Anscheinend hat dieser nationale Rassismus und wohl auch Klassenkampf, denn um die sterbenden Obdachlosen kümmert sich die Regierung nicht, nur etwas mit dümmlicher Propaganda zu tun.

 Wie irrational die Rechte in den USA inzwischen ist, zeigt Martin in folgenden Zitaten:

 „Die christlichen Fundamentalisten versuchen die unwiderlegbaren wissenschaftlichen und medizinischen Tatsachen zu unterlaufen, indem sie ein Video verbreiten, auf dem es den Anschein hat, Terri Schiavo sei wach, bei Bewusstsein und reagiere auf Besucher. Das kurze Video ist aus vielen Filmstunden zusammengeschnitten, die als Ganzes genommen zeigen, dass Frau Schiavo keine kognitiven Funktionen und keine Reaktion zeigt.“

 „Eines der auffälligsten Wesensmerkmale der rechten Kampagne zu Terri Schiavo ist die offene Ablehnung der Wissenschaft und das Anheizen einer emotionalen Hysterie, die auf der groben Falschdarstellung grundlegender Tatsachen beruht.“

 Wir werden in den demnächst erscheinenden Erinnyen Nr. 16 zeigen, dass dieser Irrationalismus eine fast zweihundertjährige Tradition hat und typisch für die Dekadenz des kapitalistischen Geistes nicht nur in Amerika ist. Besonders werden wir dabei auf die philosophische Werttheorie eingehen, die auch hier ein Rolle spielt. Der konservative Führer der Mehrheitsfraktion im Parlament sagte über das Recht in den USA: „über ihm steht das universelle Gesetz des Richtig und Falsch. Unsere Werte müssen unser Recht bestimmen, nicht umgekehrt.“  Da aber, wie wir zeigen können, Werte bloß subjektive Setzungen sind, die mit anderen Werten, die sich auch bloß subjektiv begründen lassen, in Konflikt geraten, entscheidet über das Recht der, welcher die Gewalt dazu hat – das sind in der USA zur Zeit die Konservativen und ihr Präsident, der nach eigener Aussage nur einen Philosophen kennt, nämlich Jesus. Ausgestattet mit einem keinen Argumenten zugänglichen Glauben, kann man dann auch die Verfassung brechen. Die Anhänger dieser religiösen Spinner, hinter denen sich letztlich nur besonders aggressive Kapitalfraktionen verbergen, sind denn auch danach:

 Die Anklage gegen den Artikel des Word Socialist Web Site „’warum um alles in der Welt müsst ihr alles bis zum Erbrechen analysieren’, bringt die Position der religiösen Fanatiker auf den Punkt. Sie sind gegen die Wissenschaft. Sie sind gegen politische Analyse. Eigentlich sind sie auch gegen das Denken selbst. Sie appellieren an Emotionen bar jeder Vernunft. Sie suhlen sich in Ignoranz und Vorurteil und versuchen, ihre Bigotterie der amerikanischen Bevölkerung aufzuhalsen.“ https://www.wsws.org/de/2005/mar2005/schi-m29 prn.html

  Quellen:
Hannoversche Allgemeine, vom 1.4.05, S. 3.
Patrick Martin, 26.3.05 und 29.3.05 in: World Socialist Web Site:  https://www.wsws.org/de/2005/mar2005/schi-m26 prn.html und https://www.wsws.org/de/2005/mar2005/schi-m29 prn.html  

Zurück zum Angang

Zurück zum Anfang der Seite

Divider

Hier können Sie Ihre Meinung äußern,
         einen Beitrag in unser Gästebuch fomulieren,
              Kritik üben oder
                    mit uns Konrakt aufnehmen...

Geben Sie uns Ihre Meinung

 

 

Impressum

Copyright © Alle Rechte liegen bei den Erinnyen. Näheres siehe Impressum.
Datum der letzten Korrektur: 25.09.2008