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2005 Titel

Na endlich!                

Eine angenehme Nachricht über Peter von Oertzen    (18.3.05)

Heute am 17.3.05  kommt die HAZ auf ihrer Titelseite mit der Schlagzeile heraus: "Peter von Oertzen verlässt die SPD". Ein Politiker, der begründet hat, dass der Sozialismus einschließlich seiner rätedemokratischen Organisation mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hat politisch schon lange nichts mehr mit dem Kanzler der Bosse, der ihn einst als Vorsitzenden des SPD-Bezirksverbandes Hannover ablöste, und seiner kapitalfreundlichen Partei zu tun. Oertzen will sich aber nicht aus der Politik verabschieden, sondern trat der neuen Linkspartei Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) in Hannover bei.

Warum Oertzen überhaupt als "demokratischer Sozialist", wie er sich selbst bezeichnet, lange in der SPD geblieben ist, er war 60 Jahre ihr Mitglied, hat er einmal damit begründet, dass eine Sektenbildung, die vielleicht konsequent ist, andererseits auch wirkungslos sei. Dies machtpolitische Argument scheint nun nicht mehr zu gelten, denn eine Partei mit neoliberalen Zügen, wie es die SPD geworden ist, hat überhaupt nichts mehr mit Sozialismus zu tun. Unter diesem Gesichtspunkt kann man sein neuestes Buch: "Demokratie und Sozialismus zwischen Politik und Wissenschaft" (Offizin-Verlag), das Aufsätze aus den letzten Jahrzehnten enthält und seit einiger Zeit in den Buchläden ausliegt, als Begründung dieses Schrittes lesen. Die Nr. 16 der Erinnyen wird dieses Buch rezensieren (sie erscheint voraussichtlich im Frühjahr/Frühsommer). 

Dass der 80jährige Oertzen diesen Schritt getan hat, zeugt von einem gewissen Mut, denn er wechselt in diesem Alter, wo sich andere als Ehrenvorsitzende feiern lassen,  noch einmal seine politische Heimat. Die HAZ schreibt über seinen Werdegang in der SPD: "Peter von Oertzen, der sich gern als demokratischer Sozialist bezeichnet, gehörte bis weit in die neunziger Jahre dem Bundesvorstand an und leitete viele Jahre die Parteischule. Anfang der siebziger Jahre wechselte der Politik-Professor kurzfristig als Kultusminister ins Landeskabinett von Alfred Kubel. Von 1970 bis 1983 war er Vorsitzender des SPD-Bezirksverbandes Hannover und damit zugleich die Nummer Eins in der Landespartei."

Wenn er in der WASG sich beteiligt, dann kann er seine politische Erfahrung und sein theoretisches Bewusstsein einbringen - ebenso wie seinen bekannten Namen, um diese Gruppe populärer zu machen, denn sie will in den Landtag und den Bundestag einziehen, um den Sozialabbau in diesem Lande zu stoppen. Damit eine solche Linkspartei, die nicht durch ihre Vergangenheit belastet ist wie die PDS, nicht wieder in den Opportunismus abgleitet, dafür könnte Oertzen vielleicht ein Stück weit sorgen. Die WASG hat in Hannover 69 Mitglieder und bundesweit 4300 - darunter viele ehemalige Sozialdemokraten und aktive Gewerkschafter. Die Partei will zum ersten Mal in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai zur Wahl antreten. "Klaus Ernst, Mitglied im geschäftsführenden Bundesvorstand, rechnet fest mit einem Einzug in den Landtag." (HAZ)  Wir werden sehen, ob genug Wähler alternativ wählen oder sich eher mit dem Aggressor identifizieren, der ihnen den Gürtel so eng zieht, dass es schmerzt. Oertzen hat jedenfalls das aus seiner Sicht Vernünftigste getan. 

Nachtrag vom 18.3.05

In der HAZ wird heute Oertzens Begründung nachgeliefert:

Er sagte einer Nachtrichtenagentur zu seinem Parteiaustritt, er sei und bleibe Sozialist und sei daher "in der SPD nicht mehr am rechten linken Platz". Es gebe im Augenblick keine Partei, die mehr die Auffassung des großen Kapitals vertrete als die SPD. Bundeskanzler Schröder lastete der Altlinke an, die Inhalte des Bundesverbandes der Industrie zu übernehmen. (S. 7)

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Nicht die feine Art

Eine Glosse         (15.3.05)

Stellen Sie sich vor, im Kampf zweier Gangs entführt jemand vermeintliche Gegner, bringt sie in ein sicheres Versteck und foltert sie, um Aussagen zu erpressen. Ein anderer derselben Bande erschießt seine Feinde auf offener Straße, wirft Bomben in Hochzeitsgesellschaften seiner Kontrahenten und erpresst neutrale Gruppen, um sie im Bandenkrieg auf seine Seite zu ziehen.

 Sie denken: das kommt nun mal vor, irgendwann wird die Polizei dieser Mafia schon das Handwerk legen? Was aber, wenn die Polizei involviert ist, sei es, dass sie bestochen wurde, sei es, dass sie einfach aus Opportunismus wegschaut? Oder noch viel schlimmer: Was ist, wenn es in unserem Fall gar keine Polizei gibt? Diesen Bandenkrieg gibt es bereits seit Jahrhunderten. Im Kampf der Weltbanden gibt es keine über ihnen stehende Polizei. Es herrscht das Recht des Stärkeren, was bekanntlich dahin führt, dass einer als der Stärkste übrig bleibt. Im Kampf der Clans, dieser Krieg aller gegen alle, setzt sich der durch, der die besseren Waffen und die meisten Gunmen hat. Er kann ohne Angst vor Strafe zu haben Menschen mit Bomben terrorisieren, entführen, foltern, morden und erpressen.

 Die deutschen Banden waren zweimal führend beim Abschlachten von Menschen, bis sie von Hells Angels mit den Stars und Stripes als Emblem vernichtet wurden. Seitdem darf die neue Bandenführung im Schatten des großen Bruders hier und da Transportwege für Lieferungen sichern und fremde Clangebiete „befrieden“, damit sie brauchbar werden für die Ausbeutung ihrer Diamantengruben, Schutzgelderpressung und Prostitution.

 Aber was ist mit den Rechten der einfachen Bandenmitglieder, was mit Demokratie, Freiheit und innerer Ordnung? Natürlich muss der Gangsterboss seine Frauen und Männer bei der Stange halten. Er muss wie einst Auturo Ui um Vertrauen für seine Kampfmaßnahmen werben. Das geht eben nur mit schönen Worten. Schließlich ist jede Gang im Inneren ein Hort der Menschenrechte – solange die Gangführung nicht in ihrer Macht gefährdet ist. Und da kommt es schon einmal vor, dass ein Mitglied des engeren Zirkels der Macht an die schönen Worte glaubt und auf ihre Einhaltung dringt, wie kürzlich Edward Makey aus der Peargroup, die für die Regeln der großen Organisation zuständig ist. Selbstverständlich bekommt er keine Mehrheit, man wird sich doch nicht der Instrumente begeben, durch die man groß geworden ist.

 Sie glauben immer noch, das wäre eine fiktive Geschichte? Lesen Sie einmal ihr Geschichtsbuch der letzten hundert Jahre – oder kürzer: lesen Sie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ vom 15. März 2005, Seite drei. Dort stehen unter der Schlagzeile:

 „Entführt – im Auftrag des Weißen Hauses“

 Die Unterschlagzeilen:

 „Weltweit kidnappt die CIA mutmaßlich Terroristen – auch in Deutschland. Sie werden zum Verhör in Folterstaaten gebracht. In den USA wächst die Kritik.“

 „Guantanamo? Türkei? Wo ist der Bremer Taliban?“

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Bodo Gassmann   (22.1.05)

Falsche Kritik und dümmliche Hoffnung 

Kommentar zum Artikel: Imperialer Größenwahn und politische Realität. Feiern zu Bushs Amtseinführung

 von Barry Grey und David Noeth

Quelle: www.wsws.org./de/2005/jan2005/bush-j21.shtml

Dass die trotzkistischen Genossen in den USA wütend sind auf den Wahlsieg von Bush, kann man verstehen. Wie sie aber ihren Zorn in die Öffentlichkeit bringen nicht.

Zunächst fällt einem das penetrante Moralisieren auf. Man spricht von der „feigen und inkompetenten Kampagne Kerrys“, als ob dieser Mitglied in ihrem Verein wäre. Er verkörpert andere Kapitalfraktionen der herrschenden Klasse Amerikas und würde, einmal an der Macht, nicht vieles aus der Sicht von Sozialisten anders machen als Bush. Dann holen sie wieder den asketischen Knüppel aus der Mottenkiste der Propagandaphrasen, den schon Heine an Börne im 19. Jahrhundert kritisiert hat, und meckern darüber, dass „sich Bushs Hintermänner aus der Wirtschaft auf Bällen und Partys schamlos vergnügen“. Ja sollen die Arbeitenden in den USA neidisch auf ein Glas Champagner sein, dass sie sich in der Regel auch leisten können? In einer Produktionsweise, die permanent Reichtum anhäuft, sich über die Vergnügungen der Herrschenden aufzuregen, verpflanzt das Weltbild der Bauernaufstände des 16. Jahrhunderts auf die Gegenwart. Eher hätten sie sich über Bush kurze Teilnahme aufregen sollen. Mir ist das verdächtig, er soll nur neun Minuten getanzt und dann bald die Bälle verlassen haben, um am nächsten Morgen ausgeschlafen an die Arbeit zu gehen. Wenn er die Nacht durchgetanzt hätte, wäre mir das lieber – denn dann würde der nächste Krieg einen Tag später stattfinden.

 Ebenso moralisierend ist die Formel vom „unersättlichen Profithunger“ der kapitalistischen Unternehmen. Es gehört zum Einmaleins der Marxisten, als die sich die Autoren doch sehen, dass Kapital Profit abwerfen muss, wenn es nicht depravieren will. Daraus einen moralischen Vorwurf zu machen, hieße einen Kapitalisten sagen, seine Werte wegzuwerfen oder den Teufel anklagen, dass er böse ist. Solange die kapitalistische Wirtschaft besteht, ist der Profithunger etwas Normales in diesem System, aber kein moralischer Anklagepunkt – wie schon Marx betont hat (MEW 23, S.16).  Man muss sofort an Nietzsches Diktum denken: Moralisieren ist unmoralisch, und, so füge ich hinzu, Moralisieren vernebelt das analytische Denken, die eigene Gruppe fühlt sich als etwas Besseres, obwohl sie ebenfalls mitmacht bei der Profitproduktion, wenn auch vermutlich auf der Seite der Ausgebeuteten. 

   An Analyse ist in dem Artikel nicht viel zu finden. Es kommt das übliche Gerede von der Krise, seit 200 Jahren ist davon die Rede und noch immer keine gelungene Revolution, noch immer keine Empörung der Massen gegen den Kapitalismus – zumindest nicht in den USA. Der Artikel folgt dem üblichen linken Schema: wachsende Menge gegen Bush – sinkende Menge für ihn, als ob dieser Walker Bush nicht gerade die Wahlen gewonnen hätte, und diesmal sogar ohne Tricks in Florida. Das ist eher die Selbstbestätigung von Sekten als rationale Erklärung mit sozialistischer Perspektive. Wer ständig Hoffnungen propagiert, die den Realitäten diametral widersprechen, wird zum Autisten. Dann merkt er auch nicht mehr die Widersprüche seiner Rede: Die „stetig wachsende Opposition“ widerspricht dem zuvor angemerkten Umfallen der Demokratischen Partei, die als einzige eine Chance hätte, Bush in Wahlen zu besiegen – wem immer das auch nützen soll.

 Da den beiden Autoren nichts Gescheites zu Bush Wahlsieg einfällt, weichen sie in die Geschichte aus, indem sie diese verfälschen. Sie suggerieren, Roosevelt und mit ihm die Herrschenden hätten 1933 noch geglaubt, „eine rationale Antwort auf ihre Probleme“ zu haben, während Bush jun. keine habe. Tatsächlich hatte Roosevelt keine Antwort auf die damalige Weltwirtschaftskrise, sein sozialdemokratischer New Deal war nur eine kleine Linderung der Not der Arbeitslosen, aber keine Lösung der Krise. Erst der Weltkrieg schaffte in den USA wieder Vollbeschäftigung und gute Verwertungsbedingungen des Kapitals. So gesehen plant Bush in seinem Interesse das einzig Richtige, nämlich neue Kriege. Insofern „quälen“ die Regierung auch keine Widersprüche, sondern – wenn schon dieses Wort – ihren Opfern. Ihr begieriges Aufnehmen von Hersh „Enthüllungen“, die Bush-Administration plane einen Krieg gegen den Irak, ist unter dem Niveau der Mehrheit der bürgerlichen Journalisten, die immerhin gesehen haben, wie gut dieser Artikel über eine Drohung ins Konzept von Bush passt, der zusammen mit Europa guter Bulle – böser Bulle spielt, um das Regime in Teheran vom Bau einer Atombombe abzuhalten.

 Da ihnen anscheinend die Worte fehlen um kräftiger zu schimpfen und anzuklagen, muss selbstverständlich ein Vergleich mit dem Nazi-Regime her. Sie schreiben: „Die Illegalität dieser Einsätze, die unter Missachtung des Völkerrechts und des Souveränitätsprinzips durchgeführt werden, lässt sich am ehesten mit den Unterwanderungs- und Eroberungsfeldzügen des deutschen Imperialismus unter Hitlers Nazi-Regime vergleichen.“  So richtig die Anklagen sind, so ist der Vergleich doch falsch: Als ob nicht die USA den Dollar-Imperialismus erfunden hätten, der die Armee als letztes Mittel einsetzt, während das Nazi-Regime Krieg um des Krieges willen praktizierte – teilweise sogar gegen die nationalen Interessen des deutschen Kapitals. Die USA zogen ihre Truppen regelmäßig zurück, die deutschen Faschisten wollten „Lebensraum“ erobern und die anderen Völker direkt unterdrücken.

 Die Spitze ihres Vergleichs ist aber der Ausdruck „militärischer Holocaust“, an deren Rand die USA die Welt bringen würden. Interessanterweise sprach am gleichen Tag (21.1.05) im Dresdener Parlament ein Abgeordneter der rechtsextremen NPD vom „Bombenholocaust von Dresden“ (In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 war Dresden bei Luftangriffen der Alliierten zerstört worden.)  In der Shoah wurden wehrlos gemachte Menschen wegen ihrer angeblichen Rasse getötet, im Krieg sterben die Menschen bei Kampfhandlungen und selbst Terrorangriffe auf Großstädte sind nicht mit der fabrikmäßigen Massentötung im Konzentrationslager zu vergleichen. Diese war einmalig in der Geschichte, Terror dagegen hat seine Kontinuität, seit es Herrschaft gibt, also seit ca. 10 000 Jahren. Dass die trotzkistischen Sozialisten die gleichen Geschichtsfälschungen wie die Neonazis anwenden, ist entweder bodenlose Dummheit und Mangel an historischem Takt mit den Opfern oder linker Faschismus. Politische Aufklärung muss anders aussehen.

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Datum der letzten Korrektur: 25.09.2008